Über 1.000 Teilnehmer*innen beim ADFC-Symposium
Erfolgreiches ADFC-Symposium: Ein digitales internationales Symposium präsentierte die Ergebnisse des InnoRAD-Projektes, das internationale Beispiele für innovative und auf Deutschland übertragbare Radverkehrs-Infrastruktur gesammelt hat.
In der Spitze schalteten über 1.000 Zuschauer*innen die Internetübertragung des ADFC-Symposiums unter dem Titel „Innovationen für den Radverkehr – Internationale Best Practices für lebenswerte Städte“ ein. Diese große Resonanz zeigt, wie groß das Interesse an dem Thema ist, an dem die Projektgruppe des ADFC zwei Jahre lang gearbeitet hat.
Der ADFC-Bundesvorsitzende Ulrich Syberg begrüßte die Teilnehmer*innen zu Beginn und freute sich über die große Resonanz aus Politik, Kommunen, Fahrradbranche, Wissenschaft und Planung. „Aus meiner Sicht steht die Verkehrswende vor der Tür und wir werden heute einen weiteren Baustein dafür liefern“, sagte Syberg.
Der ADFC habe schon immer international nach guten Beispielen für Fahrradinfrastruktur gesucht und nach Deutschland gebracht. Die gesammelten Beispiele seien bis auf wenige Details auf Deutschland anwendbar, so Syberg weiter.
Grußwort der Bundesumweltministerin
„Radfahren ist wunderbar“, sagte Bundesumweltministerin Svenja Schulze zu Beginn ihres Grußwortes. Das A und O für mehr Radverkehr sei mehr Sicherheit. Von mehr Radverkehr profitierten am Ende alle – auch Autofahrer*innen, die weniger im Stau stehen würden. „Ich freue mich auch, dass der ADFC dazu die Debatte angestoßen hat“, sagte sie und lobte den ADFC als langjährigen verlässlichen Partner.
Ein weiteres Grußwort kam aus Paris von Bürgermeisterin Anne Hidalgo, die energisch die Vorteile des Fahrrads für den Stadtverkehr, aber auch die positiven sozialen Aspekte hervorhob und versicherte, dass die Stadt Paris sich weiter für eine Fahrradrevolution engagieren werde.
Im Anschluss schilderte Christophe Najdovski, der Vizebürgermeister für Verkehr und öffentlichen Raum in Paris, mit welchen Maßnahmen der Radverkehr gestärkt wurde. Dazu gehörten die Sperrung der Seineuferstraße für Kraftfahrzeuge und eine Neuaufteilung des Straßenraums auf wichtigen Routen zugunsten von Fußgänger- und Radfahrer*innen. Trotz oder gerade wegen der Radikalität des Umbaus wurde Hidalgo als Bürgermeisterin wiedergewählt – ihr Engagement für mehr Radverkehr habe ihr also nicht geschadet.
Konkrete Beispiele – international und aus Deutschland
Danach stellte die wissenschaftliche Mitarbeiterin und Mitglied des Projektteams beim ADFC, Melissa Gómez, das Projekt „InnoRAD – Innovative Radverkehrslösungen auf Deutschland übertragen“ vor. Sie fasste die wichtigsten Erkenntnisse zusammen: Alle Beispiele sind in Deutschland umsetzbar. Dort, wo sie angewendet werden, haben sie positive Effekte über die Verkehrswirkung hinaus. Dazu ist eine Beteiligung der Bürger*innen wichtig für die Akzeptanz.
In zwei Kanälen wurden internationale Leuchtturmprojekte und deutsche Best-Practice-Beispiele vorsgestellt. Referent*innen aus London, Barcelona, Bogotá und den USA berichteten über internationale Beispiele. Auf dem anderen Kanal wurden Maßnahmen aus Bremen, Berlin und Bocholt besprochen. Ebenfalls wurde das Projekt MUV – Maßnahmen zur Umwidmung von Verkehrsflächen des Umweltbundesamtes vorgestellt, das neben Beispielen für Fuß- und Radverkehrsinfrastruktur auch deren Auswirkungen auf Verkehr und Lebensqualität.
Probleme ähneln sich
Beim folgenden Austausch mit den Referent*innen Clyde Loakes, Stadtrat im Bezirk Waltham Forest in London, Silvia Cassorán aus Bogotá, Jennifer Toole vom Planungsbüro Toole Design aus den USA sowie wie den deutschen Vertretern Ronny Mayer, Staatsrat für Klimaschutz, Umwelt und Mobilität aus Bremen, Martin Hikel, Neuköllner Bezirksbürgermeister aus Berlin sowie Daniel Zöhler, Stadtbaurat in Bocholt, konnten Teilnehmer*innen über eine Chatfunktion Fragen stellen.
Diese drehten sich vor allem um mögliche Probleme, innovative Radverkehrsinfrastruktur zu etablieren und wie man sie überwindet. Die Voraussetzungen dafür sind offenbar international ähnlich: Politischer Wille, eine frühzeitige Einbeziehung der Anwohner*innen und Geschäftsleute und ausreichend Ressourcen für die Planung sind wichtige Eckpunkte. Ebenso wünschen sich Planer*innen häufig mehr Beinfreiheit, die die Straßenverkehrsordnung nur in engen Grenzen bietet.
In der abschließenden Expertenrunde wurden die Themen weiter vertieft. Als Hindernisse wurden häufig der emotionale Widerstand gegen den Wegfall von Parkplätzen und der Mangel an Verkehrsplaner*innen genannt. Die Perspektive des Handels brachte Nils Busch-Petersen ein, der auch über missglückte Maßnahmen zur Zurückdrängung des Autoverkehrs berichten konnte, aber betonte, dass der Handel unbedingt offen sei für gute Ideen, da sich die Einzelhandelslandschaft im Umbruch befinde.
Zum Abschluss erinnerte ADFC-Bundesgeschäftsführer Burkhard Stork an das erste von mittlwerweile fünf internationalen Symposien des ADFC. Dort waren zum ersten Mal die Pop-up-Bikelanes als schnell umsetzbare und wirksame, experimentelle Radverkehrsinfrastruktur vorgestellt worden. Heute sind diese Anlagen schon vielfach Realität in Deutschland – wenn die an diesem Tag vorgestellte Infrastruktur sich in vier, fünf Jahren auch auf deutschen Straßen wiederfinden würde, wäre das ein großer Erfolg, so Stork.
Das Projekt wurde gefördert vom Bundesumweltministerium und Umweltbundesamt. Die Aufzeichnung des Symposiums ist auf dem ADFC-Youtube-Kanal zur Verfügung gestellt.
Die InnoRAD-Projektseite enthält die Factsheets und zahlreiche Beispielbilder und Illustrationen.